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Asia-Food im amerikanischen Schuhparadies

Nachdem der Türbrummer erklingt, stemme ich mich gegen die Eingangstür. Elvira geht vor. Wir meistern das erste Stockwerk, das zweite. Ein Blick nach oben verrät, dass noch ein paar Treppenstufen zu überwinden sind. Ganz oben angelangt, wartet eine offene Tür auf uns. Begrüßt werden wir vom herzlichen Lächeln unserer ehemaligen Kunstlehrerin. Janina Kramer lud zum Dinner. Elvira und Alina rückten an.

Als wir in die helle Wohnung hineintreten, wandern unsere Blicke direkt zur weißen Regalkommode im Eingangsbereich. Warum? Die atemberaubenden High Heels unserer Lehrerin lassen sich sehen, vor allem wenn sie so dekorativ in Szene gesetzt werden.

Frau Kramer heißt die Redakteurinnen von laurentinews.de zum ersten Lehrer-Dinner willkommen.

Als wir genug von ihnen haben (wobei man nicht genug von ihnen haben kann), führt Frau Kramer uns weiter in den großen Wohn- und Essbereich. Unverzüglich zieht es uns in die gegenüberliegende Panoramafenstereckfront, die das Zimmer gleich einem Bug wie ein Schiff wirken lässt. Während man Elvira nicht aus der Ecke herauszuzerren vermag, gehe ich auf den Kamin im Mittelpunkt des Raumes zu, neben dem Herrn Kramers Hanteln und der Slider Stretch Bauchtrainer seiner Frau Platz finden. Nachdem ich diesen kurz gemustert habe, klopfe ich mir unbeabsichtigt die Hände aus. „Oh nein, du hast den Staub entdeckt!”, ruft Frau Kramer bestürtzt, „Jetzt muss ich es wohl zugeben: Der Trainer kommt leider nicht so oft zum Einsatz.“ Man sieht es ihr nicht an, denke ich.

Vielmehr stehe unsere gut figurierte Lehrerin auf Adventskalender: „Ein halbes Kilo allein an Marzipan werde ich bis Weihnachten verdrückt haben.“, stellt sie mit Entsetzen fest.“ In ein paar Wochen wird mir freudig mitgeteilt worden sein, dass der Bauchtrainer seit der Weihnachtszeit wieder regelmäßig zum Einsatz komme. Schließlich müsse man dem Adventskalender entgegen wirken.

Große Fensterfronten prägen das moderne Wohnzimmer.

Elvira hat sich schweren Herzens von ihrer Fensterfront getrennt, sodass wir den Wohnraum fortan wieder gemeinsam bekunden können. Über dem schwarzen Ledersofa stoßen wir auf zwei Serviettenbilder mit Reh-Motiven, die Frau Kramer selbst kreierte. Stolz wird uns auch eine moderne Designerlampe präsentiert. „Modern ist nur halb richtig. Sie ist ein Original aus den 70ern.“, erklärt uns die Kunstlehrerin. „Es handelt sich um eine „Dauerleihgabe“ der Schwiegereltern.“ Mein Blick wandert an dem grünen Schein der Lampe die hohen Wände hinauf, die überall im Haus weiß gestrichen sind, wie wir später feststellen werden. Im Fokus der Einrichtung liegt die Persönlichkeit der Bewohner. Es sind ja bekanntlich die kleinen Dinge, die das Leben lebenswert machen.

Wer Frau Kramers Wohnung betritt, weiß zumindest sofort, wer darin lebt.

Wir stoßen auf ein weiteres Highlight ihrer Traumwohnung „…wären da nicht die enormen Heizkosten aufgrund der hohen Decken!“: Neben dem Esstisch findet sich eine traditionelle Durchgabeluke, in der schon unser appetitanregender Aperitif bereitsteht: Lassi mit Mango, ein indisches Joghurtgetränk. Es schmeckt übrigens vorzüglich!

Schuhe als dekorativer Blickfang.

Dann startet unsere Rundführung. Als uns im Flur erneut das enorme Repertoire an Schuhen festhält, weist Frau Kramer auf ein Bild hin. „ Pinguine sind meine Lieblingstiere. Sie sind so lustig und stilbewusst, auch treu und gesellig.“ Unser faktenbasierender Einwand, Pinguindamen würden sich für hübsche Steinchen prostituieren, macht unsere Lehrerin sprachlos.

Neben der Eingangstür steht eine weiß- karamellfarbene Skulptur, von der weder ich noch Elvira zu sagen vermöchten, was sie darstellen soll. „Das ist Kunst.“, klärt Frau Kramer uns auf. „Ein befreundeter Künstler – Michael Dekker – hat sie uns zur Hochzeit geschenkt. Doch sie ist nicht nur für uns besonders wertvoll. Unter Kunstliebhabern ist Michael schon sehr gefragt. Er ist ein Schüler des bekannten Bildhauers Tony Cragg.“

Skulptur von Michael Dekker.

Ich muss blinzeln, habe plötzlich Assoziationen von einem balletttanzenden Hund bekommen. Oder war es doch ein Pinguin?

In der Küche stoßen wir auf drei interessante Teetassen: eine aus Las Vegas verweilt zwischen zwei Friesen. Wie später im Gespräch klar wird, hat Frau Kramer 2010 ein Jahr in Amerika verbracht, bevor sie nach Oldenburg zog. Als sie in San Francisco an diversen Schulen hospitierte, konnte sie einen guten Einblick in das amerikanische Schulsystem gewinnen.

Das Motiv „Amerika“ zieht sich durch die gesamte Wohnung. Überhaupt reist Frau Kramer sehr gern. Zeugnis der Reisen sind kleine Gläser aus den besuchten Regionen. Mexiko, Reviera Maya, Kuba, Dominikanische Republik, die Kanaren. Sie ist schon ordentlich herumgekommen, stellen wir fest. Auf die Malediven wolle sie unbedingt noch einmal reisen, und nach Australien. Strandurlaube würden ihr sehr gefallen.

Seite an Seite: Ostfriesland und Las Vegas.

Neben berlinischen und hawaiianischen finden sich viele amerikanische Gläschen, einige davon aus Las Vegas. „Ich und mein Mann lieben diese Stadt. Und wenn wir dann in Las Vegas sind, schwören wir auf das Hooters Casino. Die beeindruckenden Chicken Wings und der 24h Pool sind unentbehrlich, sobald man sie einmal ausprobiert hat.“

Typisch amerikanisch grenzt auch das luxuriöse Hauptbadezimmer an das Schlafzimmer der Kramers. Dort stoßen wir auf eine riesengroße Kettensammlung unserer stilbewussten Lehrerin. „Ich muss ausmisten.“, so lautet ihr Statement dazu.

Auch Kindsheitserinnerungen finden ihren Platz in der Wohnung.

Das Schlafzimmer und die gesamte restliche Wohnung zeichnen sich auch durch diverse Kindheits – und Jugenderinnerungen aus. Ein Kuscheltierschäfchen von der Konfirmation steht vor dem Schlafzimmerspiegel, eine kleine Spieluhr auf dem Fensterbrett, Fotos von der Hochzeit, aus Abiturientenzeiten und vom alten Haustier hängen an den Wänden. Im Arbeitszimmer entdecken wir neben dem dekorativen Miniaturlabor der Chemielehrerin, ihr fünfjähriges Lächeln, ebenso verschmitzt wie wir es Jahre später kennenlernen durften. Gleich daneben blickt uns ein nagelneuer Kroko Doc angriffslustig an, sodass wir uns fragen, was unsere liebe Lehrerin wohl für Spiele mit ihm spielen möge. Sie habe ihn in diesem Jahr unwillentlich zum Geburtstag bekommen. Gewünscht habe sie ihn sich nicht. Aha.

Selbstgemalte Portraits als Geschenk für die Gäste.

Dann lenkt ein vertrautes Popart-Motiv auf dem Arbeitstisch unsere Aufmerksamkeit auf sich. Frau Kramer hat, so lieb wie sie ist, persönliche Gastgeschenke für uns vorbereitet. Die zwei auf Minileinwänden gemalten Blondinen, die uns an die Dame auf der VW Beetle-Tür erinnern, scheinen beide gleich auszusehen. Doch Elli und ich erkennen sofort unsere eigenen Gesichtsmerkmale in ihnen wieder. Die eine der beiden hat eine kleine Nase und breite Wangenknochen, die andere große runde Augen und ein ovales Gesicht. Unverkennbar, selbst wenn Frau Kramer bestreitet, das beabsichtigt zu haben. Aber nun: Die Schönheit liegt im Auge des Betrachters und ebenso auch ihre Interpretation.

Zumindest erklären sich nun die Ministative auf dem gedeckten Tisch.

Irgendwann kommen die aufgestöberten Bongos zum Einsatz. Wir lauschen dem Trommeln der Finger auf dem Leder, bis beschlossen wird, dass man es zu dieser späten Stunde mit dem Lärm nicht übertreiben sollte, selbst wenn er unterhält.

Die Vorspeise: Phở Ga

Pünktlich als dann jedermanns Magen beginnt, sich zu melden, ertönt der Gong zur Vorspeise. Es gibt Phở Ga, eine vietnamesische Nudelsuppe mit Huhn (Ga), die Fischer traditionell zum Frühstück essen, wie wir erfahren.

„Ich bin so süchtig nach ihr, dass ich sie jeden zweiten Tag koche.“, gibt Frau Kramer zu. Die Suppe schmeckt für uns – nun wie soll man sagen – ziemlich herzhaft geil. Da wir im Vorhinein sogar schon die Mengen an frischen Zutaten begutachten durften, ist nach dem ersten Gang klar: Frau Kramer kann kochen.

Auf dem Tisch steht ein Teller mit diversen Chilisorten. Mit den Worten „Ich wusste nicht, wie scharf ihr es mögt…“ würzt Frau Kramer ihr Essen kräftig nach, sodass ihr jegliche Blässe aus dem Gesicht weicht. Die Suppe hat durchaus auch ohne ein „Nachwürzen“ eine scharfe Note, finden wir.

Das Hauptgericht: Grünes Thai Curry mit Reis

„Meine Leidenschaft für asiatisches Essen habe ich übrigens in Amerika entdeckt. Da sehr viele Asiaten in den Staaten leben, ist die Auswahl an authentischen Restaurants sehr groß.

Durch meinen Englischkurs habe ich mich außerdem regelmäßig mit anderen Frauen zum Kochen verabredet. Wir haben uns jeweils unsere heimatstypischen Gerichte vorgestellt. Ich beispielsweise habe für meine Freundinnen Schnitzel und Krautsalat zubereitet.“

Als der große Jane Austen Fan sich wieder in die Küche begibt, um den nächsten Gang zuzubereiten, lässt 1LIVE den Schrei nach Liebe von den Ärzten verlauten. Bald steht das Hauptgericht in der Durchgabe: Grünes Thai Curry mit Reis – ein Schmaus. Als ich wie gewöhnlich anfange, zuerst das Gemüse, dann den Reis und anschließend das Fleisch zu essen, kommen Essensgewohnheiten auf den Tisch. „Ich habe mir das Etappenessen fast abgewöhnt!“, stellt Frau Kramer fest, wobei sie demonstrativ ein Stück Fleisch und Paprika auf eine Gabel aufspießt und an den Mund führt.

Die Nachspeise: Exotisches Tiramisu mit Ananas und Mandarinen.

Als dann von ihren Geschwistern die Rede ist, – eine Einzelhandelskauffrau in einem H&M-Laden, ein BWL-Student und ein Fleischer – mache ich es mir in meinem Korbsessel bequem. Das Gespräch ist vollkommen locker und legere, als hätte man nicht seine Lehrerin vor sich sitzen. Frau Kramer steht auf Historienfilme, erfahren wir. Zu „Braveheart“ und „The Help“ rät sie uns. Der letzten Empfehlung werde ich später nachgekommen sein. Und ich werde geweint haben, weil ich den Film so traurig und schön gefunden habe.

„Wenn ihr mich nach Fantasy fragt, dann müsste ich die Serie nennen, von der sich Stephanie Meyer hat inspirieren lassen. Ich will euch beiden nicht zu nahe treten, aber ich ziehe ‚Vampire Diaries‘ der Twilight Saga vor.“

Zwischen den Gängen wurde die Wohnung erkundet: Hier Frau Kramers Ketten Kollektion.

Den Abschluss des Dinners bildet ein exotisches Tiramisu mit Ananas und Mandarinen, das es Elvira so angetan hat, dass sie sich nach einem Nachschlag (ich will gar nicht abstreiten, dass ich selbst welchen hatte), das Rezept geben lässt. Man schlage einen Becher Sahne auf, hebe Mascarpone und Vanillezucker unter, und püriere Obst. Dann schichte man die drei Elemente mit frischen Obstteilchen und Löffelbiskuites zu einem Tiramisu auf und lasse es vier Stunden im Kühlschrank ziehen. Fertig sei ein Traum von Dessert.

Frau Kramer und ihre Gäste: Elvira und Alina.

Nachdem mein Vater, der uns abholen wird, sich mindestens drei Mal per Handy angekündigt hat, beschließen wir uns zu verabschieden. Die freundliche Gastgeberin begleitet uns zum Wagen. Sie kann sich zufrieden schätzen.

Der liebevollen, hellen Einrichtung der Wohnung, sowie der entspannten Atmosphäre, die Frau Kramers Offenheit erlaubte einzukehren, sind zehn von zehn Punkten für das Ambiente zu verdanken. Ihrer Gastfreundlichkeit und dem Essen stehen ohne Frage auch jeweils zehn von zehn Punkten zu. Die Unterhaltung passt zu Frau Kramer. Sie war angenehm erfrischend, aber nicht übertrieben. Wir bewerten sie mit acht von zehn Punkten. Damit macht das insgesamt eine stolze Summe von 38 von 40 Punkten.

Die Dinner-Bewertung für Frau Kramer. Das wird kaum zu toppen sein.

Wir haben uns sehr wohl und willkommen gefühlt im Hause Kramer. Man darf nicht vergessen, dass Frau Kramer die erste Kandidatin war, die versuchte ihren Schülern das perfekte Lehrerdinner zu bereiten. Für uns war es perfekt.

 

 

2 Kommentare

  1. das perfekte lehrer dinner… woher kennen wir das? innfloh?
    sonst aber ein sehr gelungener artikel

    • Davon wussten wir nichts. Danke für das Lob, wir arbeiten an weiteren Folgen.

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