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Der Botschafter- Ein Leben im Wechsel zwischen Berlin und der Welt


Das Leben des Botschafters klingt zunächst nach einem Traumleben. Denn, “man verbringt sein Leben in der Tat im Wechsel zwischen Berlin und der Welt” (Martin Erdmann). Doch der Preis dafür ist hoch, viele Umzüge und ein sehr strammer Zeitplan. Doch wie sieht dieses Leben und was bedeutet es sein Land im Gastland zu vertreten?

Ich hatte die Möglichkeit den deutschen Botschafter Martin Erdmann zu befragen.

Besonders für die Familie der Botschafter ist der ständige Wechsel eine große Herausforderung. “Sowohl meine Frau als auch anfangs meine Kinder sind Teil dieses Zuges um die Welt.” (Martin Erdmann), “und das ist eine große Herausforderung und das bedeutet auch eine große Opferbereitschaft, wobei ich kein Opfer bin, denn ich bin in dieser Zeit sehr bereichert und beschenkt worden.”(Marion Erdmann)

Der Beruf des Botschafters ist jedoch gar nicht so unerreichbar wie er auf den ersten Blick erscheint. Mit einer guten Abiturnote beginnt man seine Karriere als Konsulatssekretärsanwärter im gehobenen Dienst des Auswärtigen Amtes. Entscheidet man sich jedoch für den höheren Dienst, so wird ein abgeschlossenes Hochschulstudium mit mindestens einem Master oder gleichwertigem Abschluss benötigt.

Martin Erdmann ist seit 2015 der deutsche Botschafter in der Türkei. (Quelle: privat)

Martin Erdmann ist seit 2015 der deutsche Botschafter in der Türkei. 1982 trat er in den Auswärtigen Dienst und hatte seitdem vom NATO-Botschafter bis zum Pressesprecher des Außenministeriums sämtliche Ämter inne. Zurzeit ist er in Ankara als deutscher Botschafter tätig.

laurentinews.de (Malin Knelangen): Was sind ihre Hauptaufgaben als Botschafter?

„Es gibt zwei grobe Aufgabenbereiche. Zum einen ist es die Außendarstellung und das ist der wichtigste Bereich. Das heißt meine Aufgabe ist es, mit Repräsentanten des öffentlichen, türkischen Lebens im Gespräch zu sein. Permanent, jeden Tag.  Mit Parlamentariern, Regierungsmitgliedern, Ministern, Vertretern der Zivilgesellschaft und natürlich mit den Medien. Meine Aufgabe ist also die einer „Rampensau“. Der Botschafter ist also die „Rampensau“ der Botschaft und ich bin auch der einzige, der öffentlich in Erscheinung treten soll, damit ich ein kohärentes Konzept dessen habe, was ich mitzuteilen habe.“

„Die andere Stütze ist die Führung einer Botschaft mit 200 Mitarbeitern. Wir haben insgesamt 80 entsandte Kräfte, das sind Diplomaten, die aus Berlin entsandt werden. Und dann noch 120 Lokalbeschäftigte. Das sind Menschen, die in der Türkei beheimatet sind, in der Regel einen türkeistämmigen Hintergrund haben, natürlich sehr gut Deutsch sprechen können müssen und die sehr vielfältige Aufgaben in der Botschaft zu erledigen haben. Vom Fahrerdienst, über einfache verwaltungstechnische Dinge, bis hin zu Dolmetscherfunktionen.“

„Mein Tag besteht aus insgesamt 14-15 Arbeitsstunden, jeden Tag. Es ist ein mehr als Fulltime-Job.“

Kann man es sich aussuchen in welches Land man entsandt wird?

“Nein. Der Dienstherr entscheidet, welchen Botschafter er in welches Land entsenden möchte und wer für welche Tätigkeit die besten Voraussetzungen hat.”

Und wenn Sie die Möglichkeit gehabt hätten, sich ein Gastland auszusuchen, wären sie trotzdem in die Türkei gegangen?

Botschafter Martin Erdmann (Quelle: privat)

“Ich hatte andere Posten oder Positionen auf meiner gedanklichen Liste, die ich jetzt aber nicht verraten werde, aus denen offenkundig nichts geworden ist. Aber ich will auch hinzufügen, dass der Beschluss mich nach Ankara zu schicken ein, wie ich finde, sehr weiser Beschluss war, weil die türkische Außenpolitik mich bereits aus dem NATO-Kontext kannte und daher sofort eine sehr intensive Zusammenarbeit stattfinden konnte.”

Lernen Sie jedes Mal die Sprache des jeweiligen Gastlandes, bzw. können Sie in diesem Fall Türkisch sprechen?

“Leider spreche ich nicht Türkisch. Die türkische Sprache ist eine sehr hermetische Sprache. Das bedeutet, der Zugang zu dieser Sprache muss sehr intensiv erarbeitet werden und dafür habe ich einfach keine Zeit.”

Im selben Atemzug jedoch fing zu meiner Linken Marion Erdmann an Türkisch zu sprechen. “So, ich hab also mehr Zeit zum Lernen.”

Was ist der grundlegende Unterschied zwischen der deutschen und türkischen Kultur?

“Aus meiner Sicht ist es die tiefe Emotionalität auf der türkischen Seite und doch eine doch sehr starke Rationalität auf unserer Seite. Das ist auch einer der Gründe, warum zwischen der Türkei und Deutschland so viele Missverständnisse aufgekommen sind. Die türkische Seele tickt anders als die deutsche Seele. Damit möchte ich nicht sagen, dass der Türke nicht rational ist, natürlich ist er auch rational, so wie der Deutsche auch emotional ist.”

Frau Erdmann erwähnte in diesem Kontext den Aspekt der Religion, in dem sich die Kulturen sehr unterscheiden würden.

Fühlen Sie sich manchmal durch Ihre Tätigkeit als Botschafter in Ihrer politischen Meinung beziehungsweise in den daraus resultierenden Äußerungen eingeschränkt?

“Die Antwort lautet: Ja. Aber nicht in dem Sinne eingeschränkt, dass ich mich nicht frei fühle. Eingeschränkt in dem Sinne, dass ich nicht Dinge sagen kann, wie mir der Schnabel gewachsen ist. Schließlich repräsentiere ich mein Land im Ausland, denn ich bin der deutsche Botschafter.”

Was passiert, wenn der Botschafter einbestellt wird?

“Die Einbestellung ist ein Instrument der politischen Eskalationsmechanismen. Wenn man also als Gastregierung das Missfallen ausdrücken möchte über bestimmte politische Entscheidungen des Entsendestaates oder bestimmte Dinge, die im Entsendestaat passiert sind, dann bestellt man den Botschafter ein. Jedoch ist das noch die zweitschwächste Form.”

Es läuft wie folgt:            Stufe 1: Note  (Eine Art Protestschreiben)

                                             Stufe 2: Einbestellung des Botschafters

                                             Stufe 3: Rückruf des eigenen Botschafters

Stufe 4: Beendung der diplomatischen Verhältnisse im bilateralen  Verhältnis

“Ich bin innerhalb von ca. zwei Jahren 22 Mal einbestellt worden, was dazu führte, dass ich dadurch ziemlich berühmt wurde und, dass die FAZ mich für eine Doppelseite der Serie “Die Klugen Köpfe” benutzte.”

Würden Sie sich die Serie “NEO MAGAZIN ROYALE” von Jan Böhmermann angucken?

“Ja, es gibt jedenfalls keinen Grund für mich es nicht zu tun.”

Der Botschafter lebt mit seiner Familie also ein ganz anderes, spannenderes Leben, als es die meisten tun. Jedoch wird im Gegenzug dazu ein hoher Preis gefordert, viele Umzüge und ein stressiger Alltag mit wenig Privatsphäre.

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