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Den Tod nicht totschweigen

Frage: Der Tod tritt auf sehr unterschiedliche Weise ins Leben. Mal plötzlich und unerwartet, dann kündigt er sich aber auch wieder Wochen und Monate im Voraus an. Lässt sich aus eurer Erfahrung sagen, dass die eine oder die andere Art des Sterbens die bessere ist?

Lea: Ich denke ein plötzlicher Tod ist ziemlich schlimm, weil man sich nicht drauf vorbereiten kann. Wenn man aber weiß, dass die Person stirbt, dann ist das genauso schlimm, weil man zum Warten verdammt ist, bis derjenige stirbt. Mir fällt es schwer zu beurteilen, was besser ist.

Reinhard Walter: Die Frage, ob ein schneller Tod besser ist, hat mich oft beschäftigt. Auf der einen Seite wünscht man niemandem, einen langen Leidensweg zu haben. Auf der anderen Seite bleibt einem die Möglichkeit verwehrt, „richtig“ Abschied zu nehmen. Aber was würde man sagen, wenn man wüsste, dass man sich nun das letzte Mal sieht? Wie sieht so ein „richtiger“ Abschied aus? Da weder meine Mutter noch ich ahnen konnten, dass wir nun zum letzten Mal miteinander reden, haben wir uns vollkommen normal voneinander verabschiedet. Wir waren gut gelaunt, haben uns in den Arm genommen und uns darauf gefreut, uns bald wiederzusehen. Im Nachhinein konnte ich dieser Form des Abschieds etwas Positives abgewinnen, denn er war herzlich und hatte nicht die Spur von Traurigkeit.

Saskia: Meine Mutter hatte ziemlich oft Anfälle und oft haben wir gedacht, dass es nun vorbei sei, aber dann hat sie noch weitergelebt. Wir haben deshalb versucht noch viel gemeinsam zu unternehmen, denn viel Zeit blieb uns nicht mehr.
Meine Mutter ist ruhig eingeschlafen, aber es hätte natürlich auch sein können, dass sie dabei einen Anfall gehabt hätte. Ich denke, dass es der richtige Zeitpunkt war. Meine Mutter wollte aber nie realisieren, dass sie sterben wird. Am Anfang hat sie es immer verdrängt, doch am Ende hat sie sich noch viele Ziele gesetzt, die sie unbedingt erreichen wollte. Als sie diese Ziele erreicht hatte, ging es zu Ende. Sie hatte sich irgendwie mit dem Sterben abgefunden und wirkte auch erleichtert. Es war einfacher geworden für sie zu gehen.

Frage: Inwiefern war der Glaube an Gott für  Euch in dieser schwierigen Zeit eine Stütze?

Alina: Meine Großtante hatte einen sehr starken Glauben. Mein eigener wurde nach ihrem Tod, ebenfalls gestärkt. Ich will

Verlässt die Seele unseren Körper?

fest davon ausgehen, sie irgendwann einmal wiederzusehen. Die Hoffnung ist das letzte, woran ich mich klammere. Es ist einfach unvorstellbar für mich, dass ihre Seele „verschwunden“ ist. Sie muss noch irgendwo sein.

Reinhard Walter: Meine Mutter war sehr gläubig und ich wünsche mir, dass Gott ihr in diesem schweren Moment beigestanden hat und dass sie seine Nähe spüren konnte.
Die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod und auf ein Wiedersehen im Jenseits kann für den Sterbenden und für die Angehörigen sehr tröstlich sein.

Frage: Wart Ihr auch von Gott enttäuscht?

Saskia: Ich habe in der Zeit oft gebetet, dass es meiner Mutter besser geht und als das dann nicht eingetroffen ist, war ich total enttäuscht von Gott und seitdem kann ich auch nicht mehr an ihm glauben. Das war schon fast wie ein Vertrauensbruch von ihm.

Reinhard Walter: Es ist sicherlich in Ordnung, die Wut, den Zweifel und die immer wiederkehrende Fragen nach der Gerechtigkeit und dem „Warum?“ an Gott zu richten. Er hat sicherlich Verständnis für unser Unverständnis.

Auf der nächsten Seite: Über den Tod sprechen und Erinnerungen im Alltag.

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