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Den Tod nicht totschweigen

Frage: Wie hat euer Umfeld auf den Tod reagiert? Fiel es Euch schwer, darüber zu sprechen?

Lea: Ich habe eigentlich so gut wie gar nicht über den Tod meiner Uroma geredet, und wenn dann eher über die schönen Erinnerungen. Wir haben dann oft zusammen gelacht, weil uns auch viel an sie erinnert hat.

Reinhard Walter: Meine Schüler und Kollegen haben mir Beileidskarten geschrieben und einige sind auch bei der Beerdigung gewesen. Das hat mir viel bedeutet.
Ich hatte eigentlich kaum Probleme, über dieses Thema zu sprechen. Man merkt natürlich, dass die Menschen, die um einen herum sind, unsicher darüber sind, wie sie sich verhalten sollen. Das ist volkkommen in Ordnung, denn ich kenne diese Unsicherheit auch von mir selber. Über was soll man mit jemanden sprechen, der einen Angehörigen verloren hat? Über den Tod selber? Das könnte zu privat sein. Über die letzten Bundesligaspiele oder das Wetter? Das ist erscheint in diesem Augenblick viel zu banal. Es mag komisch klingen, aber manchmal tut es gut, einfach jemanden zu haben, mit dem man schweigen kann.

Saskia: Ich hab schon gemerkt, dass die Leute nicht mehr mit mir geredet haben. Früher habe ich mich auch öfter mit Freunden getroffen und das war das dann auf einmal nicht mehr so. Ich kann das schon verstehen, weil man ja auch gar nicht weiß, was man dazu sagen soll.

Frage: Sicherlich versucht man nach einiger Zeit wieder in seinen gewohnten Alltag hineinzukommen. Gibt es Momente im Alltag, in denen Euch der Tod trotzdem plötzlich wieder einholt?

Lea: Solche Momente erlebe ich sehr oft. Wir bekommen ganz häufig Briefe, die eigentlich noch für meine Uroma sind oder an unserem Postkasten steht auch noch ihr Name. Da denke ich sehr oft „Warum steht das da noch?“.

Saskia: Meine Mutter hatte vor ihrem Tod bei meiner Oma gelebt. Wenn ich dort hinkomme, stürme ich immer in das Zimmer, in dem meine Mutter früher lag und dann ist sie nicht da. Ich denke auch sehr oft an sie, wenn ich ihre Lieblingslieder höre. Ich habe auch alles von ihr aufgehoben, auch wenn es nur irgendwelche kleinen Zettelchen sind. Ich hab auch noch eine Kette von ihr und die trage ich wirklich immer und lege sie nie ab. Ich hatte nie das Gefühl, dass ich ihre Sachen nicht sehen konnte.

Reinhard Walter: Ich treffe im Alltag ständig auf Dinge, die mich an meine Mutter erinnern. Das kann überall passieren. Der emotionalste Augenblick war sicherlich, als ich auf meinem Anrufbeantworter eine Nachricht von meiner Mutter gehört habe, als sie mir zum Geburtstag gratuliert hat. Plötzlich ihre Stimme zu hören, hat mir fast die Beine weggezogen. Auf einmal bekommen Dinge, wie z.B. diese Nachricht auf dem Anrufbeantworter, einen wahnsinnig großen Wert. Auch Briefe, Fotos oder andere kleine Geschenke von ihr sind nun sehr kostbar geworden.

Ich danke Euch für das Gespräch.

Dem Tod ohne Angst begegnen.

Epilog: Jeder Mensch verarbeitet den Schmerz über den Verlust einer geliebten Person anders und muss lernen, das Leben neu zu ordnen, weil die verstorbene Person nun in einer anderen Form daran teilnimmt. Der Glaube an Gott wird dabei oft auf eine harte Probe gestellt, er kann aber auch eine Stütze sein.
Viele Menschen sind verunsichert, wie sie sich in Gegenwart der trauernden Person verhalten sollen. Gemeinsam schweigen und zuhören, aber auch über die Erfahrungen und Gefühle zu sprechen, kann für unser Leben hilfreich sein. Die Unberechenbarkeit des Todes sollte dabei nicht wie ein Damoklesschwert über unseren Köpfen hängen, sie sollte uns keine Angst machen. „Memento mori“ – Denke daran, dass Du sterben musst. Dies kann uns dabei helfen, unser Leben bewusster und intensiver zu leben, vor allem mit den Menschen, die uns am Herzen liegen.

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