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“Ein Fördern und Fordern muss gegeben sein!”

In den letzten Wochen und Monaten ist das neue System der “Oberschule” in aller Munde. So möchte auch das Schulzentrum der Nachbargemeinde Barßel diesen Status erhalten und wirbt dafür sehr engagiert. Aber wäre dadurch unser LSG gefährdet? Was man unter einer Oberschule versteht und ob sich dieses System tragen kann, erklärt uns im Folgenden unsere stellv. Schulleiterin Annette Jahn.

Wie sehen Sie die Oberschule als System?
Wenn durch das System Oberschule die Hauptschulen gestärkt werden und wenn in den Oberschulen mehr auf Berufsorientierung gesetzt wird, ist das vollkommen in Ordnung. Aber das Gymnasium sollte in diesem System besser außen vor bleiben.

Sehen Sie das Schulzentrum in Barßel als Gefahr, wenn es eine Oberschule würde?
Ich sehe eine mögliche Oberschule als solche nicht als Gefahr, aber als deutliche Schwächung. Am LSG herrscht momentan eine breite Wahlmöglichkeit für Sprachen, AGs und die Wahlpflichtkurse im Jg. 10. Mit weniger Schülern wäre diese Bandbreite nicht mehr möglich. Und für die gewünschte Oberstufe am LSG ist eine Dreizügigkeit in allen Jahrgängen vorauszusetzen.

Wie sehen Sie die Realisierbarkeit einer Oberschule in Barßel?
Nach sehr vielen Elterngesprächen glaube ich nicht, dass es in Barßel eine Oberschule geben wird. Die Eltern, deren Kinder bereits am LSG sind, bestätigen uns sehr gute Arbeit. Das  ist auch an der Akzeptanz, die das LSG hier in Ramsloh genießt, zu erkennen. Mittlerweile sind wir das größte SEK I Gymnasium in Niedersachsen. Darüber hinaus hat das LSG ein sehr schulfreundliches Klima, das es vor allem seiner Überschaubarkeit und dem daraus resultierenden Verhältnis zwischen Lehrer und Schüler zu verdanken hat.

Denken Sie, dass Schüler, die Teil des gymnasialen Zweigs der Oberschule sind, die gleichen Kompetenzen haben, wie die eines “richtigen” Gymnasiums?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass diese Schüler die gleichen Kompetenzen haben können, denn soviel ich weiß, wird in der 6. Klasse nur der Unterricht in den Fächern Deutsch, Englisch und Mathematik Schulformbezogen erteilt. Ab den 7. Schuljahr soll der Unterricht überwiegend nach Schulformen erteilt werden – muss er aber nicht. Erst ab der 9. Klasse muss dies so sein. Das finde ich viel zu spät um Schülern die Chance zu geben, nahtlos an einem Vollgymnasium, wie dem AMG, mitzumachen. In diesen zwei Jahren ist der Stoff, auch in den “Nebenfächern” wie Geistes- und Naturwissenschaften, der in den Vorjahren nicht geleistet worden ist, nicht aufzuholen. Denn natürlich hat eine Haupt- oder Realschule andere Vorgehensweisen als ein Gymnasium. Das zeigt sich vor allem im Tempo,

laurentinews.de im Interview mit Anette Jahn

denn am Gymnasium wird vieles “schneller” unterrichtet und daran müssen Schüler gewöhnt werden. Unter diesem Gesichtspunkt finde ich eine verpflichtende Differenzierung erst ab der 9. Klasse zu spät. Ein Nachteil kann es sein, dass die Schüler eines gymnasialen Zweiges der Oberschule nicht unbedingt von Gymnasiallehrern unterrichtet werden müssen, denn an einer Oberschule muss nur ungefähr die Hälfte des Kollegiums aus Gymnasiallehrkräften bestehen. An unserem Gymnasium gibt es das Fachlehrerprinzip. Das heißt, dass ein Lehrer nur die Fächer unterrichtet, die er auch studiert hat. An den Haupt- und Realschulen ist das größtenteils anders, dort unterrichten Lehrer größtenteils mehr Fächer, als sie studiert haben.

Glauben Sie, dass sich das System der Oberschule in ganz Deutschland verbreiten könnte?
Nein, in ganz Deutschland glaube ich nicht. Die Oberschule wird ein niedersächsisches Modell sein, genauso wie die frühere Orientierungsstufe es einmal war. In Oldenburg gibt es schon recht viele Oberschulen, von daher denke ich, dass sich die Oberschule in Niedersachsen verbreiten wird, in ganz Deutschland jedoch nicht.

Kann die Oberschule “lerntechnischen Integrationsproblemen” vorbeugen?
Ich glaube, dass es für schwächere Schüler durchaus von Vorteil sein kann, sich stärkere Schüler als Vorbild zu nehmen.  Dennoch darf man nicht vergessen, dass nicht nur leistungsschwache Schüler gefördert werden, sondern auch leistungsstarke Schüler gefordert werden müssen. Es muss also immer ein Fördern und Fordern möglich sein. Allerdings muss ich auch sagen, dass die Durchlässigkeit zwischen den einzelnen Schulformen hier in Ramsloh sehr gut läuft, da sich alle Schulformen auf einem Gelände befinden.

Danke für das Interview, Frau Jahn!

Zwei Redaktionsmitglieder werden dann morgen zur Kreissitzung nach Cloppenburg fahren, in der über die Errichtung einer Oberschule in Barßel abgestimmt wird. Das Ergebnis wird euch morgen topaktuell vorliegen.

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