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Unzertrennlich aber teilbar

  Liebe muss gepflegt werden, auch virtuell

Fortan heißt es, das noch zarte Beziehungspflänzchen zu hegen und zu pflegen. Doch im Hier und Jetzt reicht es lange nicht mehr aus, der Angebeteten ein romantisches Candle Light Dinner zu zaubern oder sie mit einem Strauß frischer Rosen zu überraschen. Auch die Netzgemeinde muss in regelmäßigen Abständen durch öffentliche Liebesbekundungen davon überzeugt werden, dass man immer noch verliebt ist wie am ersten Tag. So ist es schon beinahe unmöglich dem Anblick mehr oder weniger frisch verliebter Paare, vor Badezimmerspiegeln posierend und eng umschlungen in die Kamera lächelnd, beim täglichen Facebookbesuch zu entgehen. Nicht selten wird dabei die Romantik durch den Einsatz eines starken Weichzeichners und einem „Forever together“ wirkungsvoll unterstrichen. Meist entstehen solche Bilder aus der Motivation heraus, seine Beziehung durch den virtuellen Freundeskreis mit Likes oder aufmunternden und schmeichelnden Kommentaren alla „ach, wie süß ihr doch zusammen seid“ bestätigt haben zu wollen. Erst dann ist das Liebesglück perfekt.

Auch sollte natürlich die gesamte Facebookgemeinde immer und überall darüber in Kenntnis gesetzt werden, wann die Freundin denn das letzte und wann das nächste Mal besucht wird, welches Lied sie am liebsten hört oder welches das Paar in irgendeiner Weise verbindet.

Unter jedes ihrer Fotos gehört ein „Meine <3“ und auch auf den allwöchentlichen „Ich liebe dich.“ – Pinnwandpost ist kein Verzicht. Jeder „Freund“ soll im Detail darüber informiert sein, wie und wie lange das glückliche Liebesverhältnis besteht und ebenso wann es beginnt, weniger glücklich zu sein. Immer dann wird Facebook vollständig zum Tagebuch umfunktioniert und einige seiner Nutzer bezweifeln, ob bei der Statusmeldung bestimmter Personen, wie bei ihnen selbst nach der momentanen Beschäftigung oder doch nach aktuellen Sorgen und Problemen gefragt wird.

Beziehungskiller Facebook

Weder eine metaphorische noch eine eindeutige Äußerung wird grundlos veröffentlicht oder ausgesprochen. Wurde sie wegen mehr als nur dem Gefallen an ihrem Wortklang oder Sinn ediert, hat sie meist einen zutreffenden Wahrheitskern. Folglich lassen die zahlreichen melancholischen Beiträge verlauten, dass das soziale Netzwerk das Leben zwar verändert, einem aber nicht unbedingt zu seinem Glück verhilft. So wird beispielsweise auch die schönste Facebook Romanze früher oder später auf die Probe gestellt. Nicht selten spielt Facebook selber dabei eine entscheidende Rolle. Wahrscheinlich wird fast jeder die Profilseite seines Partners nach verdächtigen Inhalten durchstöbern, um ihn besser kennen zu lernen, ohne ihn wirklich kennen lernen zu müssen. Doch stellt sich hinsichtlich dieses Nebeneffekts wiederum die Frage, woraus die Partnerschaft zu Anfang bestehen mag, wenn denn der bedeutungsvolle Schritt des Einander Kennen – und Liebenlernens übersprungen wurde und nach einigen gemeinsamen Erlebnissen direkt der Alltag eintreten würde. Desweiteren wird das Facebookprofil des Partners einem Allroundcheck unterzogen, um den Ausspruch möglicher Unwahrheiten zu vermeiden oder aber um bereits ausgetauschte Informationen zu überprüfen. Hat er mir wirklich alles aus seiner Vergangenheit erzählt? Wenn ja, wer ist dann diese Blondine auf dem Urlaubsfoto von 2009? Seit wann ist er mit seiner alten Schulfreundin befreundet und warum um alles in der Welt postet ihm dieses Mädchen ein Herz auf seine Pinnwand? Während man früher miteinander sprach, sich Dinge anvertraute und die Verhaltensweisen seines Partners real miterlebte, wird heute mit detektivischem Gespür auf Facebook spioniert. Der geliebte Partner wird zum Facebook Stalker. Laut einem Bericht des englischen „Telegraph“ sind inzwischen 20 Prozent der Scheidungsanträge mit Facebook in Verbindung zu bringen.

Auf der nächsten Seite: Dank Facebook leichter Schluss machen und warum “Lass uns Freunde bleiben” nicht funktioniert.

 

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5 Kommentare

  1. Alter; das ist echt genial!
    Respekt

  2. Du triffst es ziemlich genau. Man kann heute nicht mehr mit jemanden zusammen sein ohne es nicht auf facebook bekannt zu geben. Macht man es nicht, heißt es immer ‘ist dir das peinlich?’…andereseits bin ich ja auch stolz so einen tollen Freund zu haben…also ich kann damit leben

  3. Wie wahr! Sehr guter Vergleich mit dem Megaphon! Ich musste mir das direkt bildlich vorstellen 😀 Ich persönlich finde es okay, den Beziehungsstatus preiszugeben, aber ich sehe das nicht so eng, dass das zeitgleich mit dem wirklichem Anfang einer Beziehung geschehen muss. Vielleicht einfach irgendwann, wenn es die engsten Freunde wissen. Aber wirklich guter Artikel!

  4. Ja der Artikel drückt es richtig aus! Hatten so einen Fall im Familienkreis. Mein Bruder hat sich verlobt und den Status gleich bei Facebook geändert. Unser Teil der Familie war auch eingeweiht. Doch der Teil der andere Teil eben nicht. Es kam wie es kommen mußte und der Teil der Familie von der Freundin erfuhr es nicht direkt von den Beteiligten sondern von einer Bekannten, die es bei Facebook gesehen hatte! Das Ende kann sich jeder vorstellen …… Mehr brauch ich glaub ich nciht zu sagen 🙁

  5. Die Geschichte mit dem Megafon ist eine tolle Idee! Und der Bezug sehr gut gelungen 🙂 Gefällt mir 😉

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