Was lange währt, wird endlich Gauck
Nun also doch. Joachim Gauck wird am 18. März von der Bundesversammlung zum 11. Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland gewählt werden. Er ist ein Mann, der dem ramponierten Amt des Bundespräsidenten wieder zu altem Glanz verhelfen kann. Gauck ist ein exzellenter Redner, furchtloser Demokrat und engagierter Bürger. Er selbst fühlt sich der Freiheit verpflichtet und wird deshalb auch ein unbequemer Präsident, vor allem für die Parteien.
Gauck wurde 1940 in Rostock gfeboren, sein Vater war Kapitän, seine Mutter hatte Bürokauffrau gelernt. 1951 wurde Gaucks Vater vom russischen Geheimdienst verschleppt und blieb für Jahre spurlos verschwunden. „Wenn die Russen Ihren Mann geholt haben, können wir nichts machen“, lautete nach Gaucks persönlichen Erinnerungen die Auskunft der DDR Behörden.
Gauck wuchs in der sozialistischen Dikatatur der DDR heran. Nach dem Abitur wollte er zunächst Journalist werden, studierte dann aber doch evangelische Theologie und blieb in Rostock. Als evangelischer Pfarrer musste er mit ansehen, wie der Geheimdienst einige junge Leute aus seiner Rostocker Kirchengemeinde monatelang ins Gefängnis steckte, nur weil sie regimekritische Parolen an eine Wand gesprüht hatten. Der engagierte Pfarrer geriet bald selber in den Blick der Stasi. Als 1989 die friedliche Revolution in der DDR ausbrach, war Gauck in seiner Heimatstadt einer der Sprecher der Freiheitsbewegung und ging zum „Neuen Forum“. Er wurde Anfang 1990 in Rostock knapp über einen Listenplatz für das Neue Forum in die Volkskammer gewählt. Er ließ das Pastorenamt hinter sich und bekam im September 1990 eine der schwierigsten Aufgaben übertragen, die das Land damals zu vergeben hatten: Gauck wurde „Sonderbeauftragter für die Unterlagen des ehemaligen Staatssicherheitsdienstes“ und damit zur zentralen Figur der Aufarbeitung der DDR-Geschichte.
Es war vor allem Gauck, der beständig vor einem Schlussstrich unter die Auseinandersetzung mit dem Stasi-Erbe warnte – und damit fast zu einer moralischen Instanz wurde.
Nach zwei fünfjährigen Amtszeiten gab Gauck 2000 sein Amt ab, doch er zog sich keineswegs aus der Öffentlichkeit zurück. 2001 versuchte er sich wenig erfolgreich als Fernsehmoderator mit der Talkshow “Gauck trifft…”. Im November 2003 wurde er schließlich Vorsitzender des Vereins Gegen Vergessen – für Demokratie. Die Organisation setzt sich ein für die Aufarbeitung des Nationalsozialismus und der DDR-Vergangenheit. Als Buchautor und engagierter Bürger, er nennt sich selbst einen „aufgeklärten Patrioten“ reiste Gauck fortan kreuz und quer durch das Land.
Auf Vorschlag der Vorsitzenden von SPD und B’90/Grünen wurde Gauck 2010 als Kandidat für die Wahl eines neuen Bundespräsidenten am 30. Juni 2010 nominiert. Die Präsidentschaftskandidatur polarisierte sowohl in der Öffentlichkeit als auch in den Medien. Es zeigte sich bereits damals, dass Gauck angesichts seiner Vita und seiner politischen Standpunkte ebenso gut Kandidat des konservativ-liberalen Lagers hätte gewesen sein können. Dennoch wurden Gauck aufgrund der partei- und machtpolitischen Interessenlage und der Mehrheitsverhältnisse in der
Bundesversammlung nur geringe Erfolgschancen eingeräumt. Tatsächlich unterlag Gauck dem Gegenkandidaten Wulff erst im dritten Wahlgang.
Nun, fast 2 Jahre später, wurde Gauck auf einer Pressekonferenz als gemeinsamer Kandidat der Koalitionsparteien und von SPD und B’90/Grünen präsentiert. Sichtlich berührt gab auch Gauck ein erstes Statement zu seiner Nominierung ab. Ich komme aus dem Flieger und war im Taxi, als die Frau Bundeskanzlerin mich erreicht hat. Und ich bin noch nicht einmal gewaschen. Das schadet auch nichts, dass Sie sehen, dass ich überwältigt und auch ein wenig verwirrt bin. […] Und kann Sie nur bitten, die ersten Fehler gütig zu verzeihen und von mir nicht zu erwarten, dass ich ein Supermann und ein fehlerloser Mensch bin.