Schüler-Pressekonferenz 2019 – dem Kultusminister auf den Zahn gefühlt
Eine Pressekonferenz ist für unseren Kultusminister Grant Hendrik Tonne ist eigentlich nichts Außergewöhnliches. Jedoch war dieses Mal eine Sache anders, denn da, wo normalerweise Journalisten sitzen, stellten nun Schüler von Schülerzeitungen aus ganz Niedersachsen ihre Fragen. Wir waren in Hannover natürlich auch dabei.
von Niklas Steenken
Das Ambiente
Empfangen wurden wir von Herrn Tonnes Pressesprecherin in der großen Eingangshalle des Niedersächsischen Landtags. Wir wurden freundlich empfangen und zum Presseraum gebracht und dann ging es relativ schnell auch schon los. Fernsehen und Radio waren bereits da. Diese interviewten uns auch direkt und wollten wissen, mit welchen Fragen wir denn Herrn Tonne durchlöchern wollen. Insgesamt wurden wir auch bei der anschließenden Führung durch den Landtag sehr aufmerksam und freundlich behandelt.
Der Ablauf
Anfangs sprach Herr Tonne über die Themen, über die er gerne reden würde. Dabei hielt er ein Plädoyer, in dem er darstellte, wie der aktuelle Stand in der Bildungspolitik ist. Dies haben wir sehr kritisch beurteilt, da er damit viele Fragen bereits vorweg genommen und versucht hat, sich damit eine bessere Position zu verschaffen. Er versuchte sich für den anhaltenden Lehrermangel und bei der schleppenden Umsetzung des Digitalpaktes zu rechtfertigen. Danach sprach er das Thema Mobbing, Rassismus und Rechtspopulismus an und sprach von Werbung für den Kampf gegen diese Probleme. Darauf folgend teilte er uns seinen Standpunkt zum Klimawandel und zu Fridays for Future mit. Dann startete die große Fragerunde. Als diese zu Ende war, ging es ans Fotografieren und dann startete auch schon die Führung durch den Landtag, die als Abschluss der Schülerpressekonferenz galt.
Der Fragenhagel
Wir starteten mit einer Frage zur Landwirtschaft und der Landwirtschaftsministerin, die eine unserer Meinung nach unpassende Aussage tätigte. ,, Keinesfalls dürfte man das vermitteln des Bildes der Landwirtschaft Lehrern überlassen, die meisten sind Vegetarier und das was sie über Landwirtschaft verbreiten sei oftmals dramatisch´´, so Otte-Kinast. Wir baten Herrn Tonne dazu Stellung zu nehmen. Er teilte diese Einschätzung nicht und versuchte zu beschwichtigen, da seiner Meinung nach die Lehrer ein differenziertes Bild der Landwirtschaft vermitteln würden.
Daraufhin sprachen wir ihn auf das Thema Impfen an, bei dem er sich deutlich gegen die Impfgegner aussprach. Er war für eine Impfpflicht, jedoch sei es nicht so einfach, da man Menschen eigentlich nicht vorschreiben könne was sie mit ihrem Körper machen. Aufhören würde dies aber, wenn das, was man mit seinem Körper mache, andere negativ beeinflusse.
Weiter ging es mit einem Paukenschlag. ,, Das Meldeportal ist ein Witz´´, sagte Herr Tonne, als wir ihn auf das AFD-Meldeportal ansprachen. Klare Worte er sprach in dem Zusammenhang auch noch davon, dass Lehrer gar kein neutrales Bild vermitteln sollen. Lehrer müssten seiner Ansicht nach eine Meinung haben, die AFD würde das Neutralitätsgebot vorsätzlich falsch interpretieren. So direkt und persönlich wie bei dieser Frage war Herr Tonne die gesamte Pressekonferenz nicht. Er bezeichnete die Afd offen als demokratiefeindlich und kritisierte stark den Gedanken hinter dem Meldeportal.
Weitere Themen waren Fridays For Future bezogen auf seine Kinder, ein einheitliches europäisches Bildungssystem, Lehrermangel, Schuluniform und Politikunterricht.
Zu den Fridays For Future Demonstranten sagte er, dass er es gut fände, wenn sich Junge Menschen engagieren, jedoch müssen diese dann auch die Konsequenzen tragen, die ein unentschuldigter Fehltag bedeuten würde. Dies würde er bei seinen Kindern auch genauso durchziehen und keine Entschuldigung schreiben.
In Bezug auf den Politikunterricht erwähnte Herr Tonne immer wieder einen Besuch in einer Grundschule, wo sich die Kinder für ihr Alter außergewöhnlich viel engagieren zum Beispiel durch eine SV. Also kann man seiner Ansicht nach nicht früh genug damit anfangen.
Zum Thema, wie man den Job des Lehrers für Schüler als Berufsziel wieder attraktiver machen könne, sagte er, dass man Lehrern mehr Wertschätzung entgegenbringen und sich mehr für sie einsetzen müsse. Das Kultusministerium versuche bereits die Arbeitsbedingungen für Lehrer zu verbessern, zwar nicht in dem Tempo wie sie es gerne hätten, aber es habe sich bereits einiges verändert.
Ein weiteres spannendes Thema, das wir ansprachen, war, was er von einem einheitlichen europäischen Bildungssystem halten würde. Er sagte, man müsse zwar in Europa enger zusammenarbeiten, jedoch sei Zentralismus wie z.B. in Frankreich nicht die Lösung für alle Probleme. ,,Das Zusammenziehen ist kein Garant dafür, dass es dann besser dann´´, so Tonne. Er sprach dabei auch noch davon, dass er den Wettbewerb unter den Ländern für wichtig erachte. Dennoch müssen die Länder in einigen Punkten noch besser zusammenarbeiten, was durch die Kultusministerkonferenz versucht werde. Der größte Streitpunkt sei dort jedoch das Tempo.
Herr Tonne gestand ehrlich, dass er zum Thema Jogginghosenverbot und Schuluniformen keine Musterlösung präsentieren kann. Er würde jedoch aus Überzeugung freiheitlicher Entscheidungen sagen, dass er Kleidung nicht vorgeben möchte. Jedoch schließt er nicht aus, dass eine Schuluniform ein Weg sein könnte, um Mobbing einzuschränken. Schüler sollten das anziehen, was sie wollen, bis zu dem Punkt, wo sich andere angegriffen fühlen.
Der Medienumgang
In den meisten Berichterstattungen wurde eine spezielle Frage der Pressekonferenz immer wieder hervorgehoben. Warum Herr Tonne denn bei der SPD sei und nicht bei der CDU oder den Grünen. Natürlich wissen auch wir, dass die einfachen oftmals auch die kniffligsten Fragen sind, dennoch störte es uns schon, dass diese eher kindische Scherzfrage ausgerechnet in vielen Berichten zwischen all den gut recherchierten und kritischen Fragen hervorgehoben wurde. Also verniedlichen die Medien diese Pressekonferenz, indem sie die vielleicht allgemeinste Frage der Pressekonferenz als Beispiel dafür nehmen, was Schüler so für Fragen stellen Wir sehen dies sehr kritisch, da somit das politische als auch soziale Engagement von Schülern nicht wirklich ernst genommen wird. Somit entsteht für die Außenwelt der Eindruck, diese Veranstaltung diene lediglich zum Spaß, doch das Gegenteil ist der Fall: Hier haben wir endlich die Chance, konkret Fragen zu stellen, die unser alltägliches Leben und unsere Zukunft betreffen. Dies ist in aktuellen Zeiten der Aufstände der jungen Generation wichtiger denn je geworden. Außerdem wurden wir vorab von anwesenden Medien gefragt, was wir denn dem Herrn Tonne so „an den Kopf werfen“ wollen. Teilweise kam Verwunderung auf, da nicht ausschließlich auf Bildung eingegangen wurde. Warum dürfen Schüler denn einen Politiker seines Formats nicht nach seiner Meinung zum Klimawandel fragen oder zur Krise der Volksparteien?
Kritik und Befürwortung zu Herrn Tonne
Wir waren positiv überrascht von der Einsicht des Kultusministers, dass er nicht zu jedem Punkt eine Lösung parat hatte und dies auch zugab. Jedoch muss man an ihm kritisieren, dass er durch sein Anfangsplädoyer einiges vorweg genommen hat. Außerdem hatte er seine Probleme damit, bei der eigentlichen Fragestellung zu bleiben, so beantwortete er zum Beispiel eigentlich gar nicht die Frage zu einem einheitlichen europäischen Bildungssystem, sondern gab uns einen Exkurs in Länderpolitik. Doch Herr Tonne hat sich sehr offen unseren Fragen gestellt und nahm dies im Kontrast zu den Medien auch wirklich ernst. Wir waren sehr zufrieden mit ihm und der Schülerpressekonferenz 2019 und würden uns freuen, im nächsten Jahr wieder dort zu sein.